Thron der Stille

Vom „rasenden Stillstand“ auf dem Johannesberg weht mich der Wind 5 Kilometer gen Osten. Ich überwinde Hindernisse und lasse mich von warnenden Rufen nicht beirren.


Vom Schützenhaus in Rotensee gehe ich bergan in den Wald – mein Zielgebiet. Viele Wanderer sind hier nicht unterwegs. Der Weg ist teilweise fast zugewachsen, ein Baum liegt quer. Ich muss hinüberklettern. Auch die handgemalten Hinweisschilder und Sitzbänke am Wegesrand sind stark verwittert. Mir gefällt das, auch wenn es zunehmend unheimlich wird. Viel Totholz auf dem Boden und zahllose sterbende Bäume säumen diesen Weg ins Ungewisse. Es wird immer stiller. Hier also will mir der Wind etwas zeigen. Ich sehe Vergehendes, rieche und höre … nichts. Auf der Karte ist ein „Springbrunnen“ verzeichnet. Vielleicht ist tatsächlich er mein nächster Schatz? Um dort hin zu gelangen müsste ich dem Weg scharf nach links folgen. Mich zieht es aber weiter geradeaus, bergan. „Bleib fern!“ scheint es scharf aus den Baumwipfeln zu krächzen. Hier in dieser Totenstille schmerzt das plötzliche Rufen der Krähenvögel fast in den Ohren.

Weiter oben wird es wieder sonniger und auch die Bäume tragen sattgrünes Blattwerk. Aus der Totenstille wird eine versöhnliche Stille des Lebens. Ich atme diese Stille, sie füllt meine Brust und mein Herz mit Gegenwärtigkeit und Zuversicht. Wald und Weg sind unspektakulär, dennoch halte ich erneut inne und entdecke einen Baumstumpf,  der leicht erhöht wenige Meter vom Weg entfernt auf mich zu warten scheint. Ich steige zu ihm hoch und nehme Platz. Noch immer ist es sehr still. Ja, da bin ich! Ich muss lächeln.

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